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Für die Ansteuerung von bürstenlosen Motoren im Marktbereich des Elektrorad werden spezielle eBike Controller verwendet. Diese sind entweder im Bike-System komplett integriert oder als externe Box mit entsprechender Funktionalität erhältlich.

In diesem Artikel geht es speziell um den technischen Unterschied der Controller für Antriebe mit Freilauf oder den Direktantrieb der keinen Freilauf besitzt.

Da werden Sie sicher fragen ?
Wo soll den da der Unterschied sein, Motor ist doch Motor und beide haben doch beispielsweise 250W.

Betrachten wir doch einfach mal den Bereich Pedelec mit einer maximalen Unterstützungsgeschwindigkeit von 25 km/h. Dies ist der Bereich mit dem größten Marktanteil.

Doch wie unterscheiden sich die verschiedenen Antriebssysteme ? Erst mal ein paar Vor- und Nachteile.

 

Antriebssystem mit Freilauf

  • Fahrverhalten wie normales Bike (bis auf das Gewicht)
  • Auslegung des Elektromotor auf eine Drehzahl die für 25 km/h benötigt wird.
  • Keine Rekupperation möglich

Antriebssystem ohne Freilauf

  • Ummagnetisierungsverluste des Motors sind beim fahren immer vorhanden.
  • Auslegung des Elektromotor auf eine Drehzahl für maximale Fahrgeschwindigkeit
  • Rekupperation möglich

Betrachten wir die Unterschiede mal etwas genauer.

Beim Antrieb ohne Freilauf dreht der Motor beim fahren immer mit.  Die hier eingesetzten Motorkonzepte basieren auf einem Stator der aus vielen dünnen Elektroblechen aufgestapelt und mit Spulen versehen wird. Der Rotor ist heutzutage mit starken Neodym-Magneten ausgestattet bei dem das Magnetfeld des Rotors durch das Eisen des Stators bzw. durch die darin enthaltenen Spulen gezogen wird. Die magnetischen Wechselfelder des drehenden Rotors erzeugen somit eine andauernde Ummagnetisierung  im Eisenkern mit einer Frequenz die je nach Polzahl, Drehfrequenz und Sättigungsgrad des Eisenkerns zu Verlusten führt.

Die Verluste werden normalerweise mit W/kg@50Hz von den Blechherstellern angegeben. Eine typische Angabe von einem oft in diesem Bereich verwendeten Elektroblech ist M270-35A. Hierbei steht 270 für 2,7 W/Kg und eine Blechdicke von 0,35 mm.

Das sieht vielleicht auf den ersten Blick nicht sehr hoch aus. Betrachtet man aber die Abhängigkeit zur Frequenz und die  dadurch expotenziell ansteigenden Verluste werden dadurch bei hohen Frequenzen sehr schnell Verlustleistungen im oberen zweistelligen Bereich.

Mann könnte natürlich entgegen halten dass beim eBike die Drehzahlen eher niedrig sind und gerade bei Nabenmotoren der maximale Drehzahlbereich nur bis ca. 480 RPM ( 8 Hz) geht. Doch betrachtet man die Polpaarzahl des Motor, kommen meist mindestens 16 Polpaare zum Einsatz. Inzwischen gibt es sogar Motoren mit größeren Durchmessern die sogar über 40-Polpaare aufweisen. Hier liegt die Kommutierungsfrequenz bereits über 300 Hz und erzeugt entsprechende Ummagnetisierungsverluste die vom Fahrer aufzubringen sind. Im Falle von einem leeren Akku immer bzw. im Betrieb ab 25 h/km aufwärts.

Freilauf im Vorteil

Hier liegt das Motorkonzept mit Freilauf natürlich deutlich im Vorteil. Wenn Sie ohne Antrieb bzw. Akku fahren bewegt sich der Motor erstmal gar nicht. Wenn Sie schneller als 25 h/km fahren wird der Motor normalerweise vollständig abgeschaltet und erzeugt somit auch keine Verluste.

 

Auslegung des Motors

Warum unterscheiden sich Motoren mit Freilauf oder ohne Freilauf in der Auslegung ?
Eine berechtigte Frage da die Anwendung doch genau die gleiche ist.

Dies liegt hauptsächlich an der Akkuspannung und am eBike Controller bzw. dessen Spannungsfestigkeit.

Im Prinzip legt man einen Motor so aus daß dieser bei der benötigten Drehzahl seinen Nennbetriebspunkt noch erreicht.

Ein bürstenloser Motor ist ja prinzipiell auch ein Generator. Das heisst wenn der Motor dreht erzeugt er eine 3-phasige Wechselspannung die proportional mit der Drehzahl ansteigt.

Hierbei spielt es keine Rolle ob dies im Motorbetrieb oder Gerneratorbetrieb geschieht. Diese sogenannte „BEMF“ arbeitet im Prinzip gegen die Akkuspannung.

Die Auslegung bei einem Motor mit Freilauf ist nun relativ einfach.

Die Wicklung wird genau so berechnet dass bei der maximalen Drehzahl die bei 25 km/h nötig ist, die vom Motor erzeugte Spannung noch unterhalb der Spannung eines fast entladenen Akku liegt. Dies kann relativ einfach über die Windungszahl der Spulen des Motors abgestimmt werden. Der Motor erhält verschiedene Kennwerte die z.B. über die Drehzahlkonstante (z.B. Drehzahl pro Volt) bzw. Drehmomentkonstante (Drehmoment pro Ampere) ausgedrückt werden können.

Beispiel:
Ein Fahrrad mit Nabenmotor mit Freilauf benötigt eine Drehzahl von 210 RPM um die 25 km/h zu erreichen. Der Motor hat eine spezifische Drehzahl von 7,5 RPM pro Volt. Es werden 28 Volt benötigt um den Motor auf die geforderten 210 RPM und somit auf die 25 km/h zu bringen.

Das Drehmoment wird ca. bei 1 Nm pro Ampere liegen.

Es ist aber zu beachten dass es sich hier um den Phasenstrom handelt. Dies ist nicht mit der Stromaufnahme aus dem Akku zu verwechseln !

Die Akkuspannung bietet somit selbst im entladenen Zustand immer noch eine kleine Reserve um den Strom in die richtige Richtung fließen zu lassen und Drehmoment aufzubauen.

Der Motor wird also im kompletten Spannungsbereich des 10-Zelligen Li-ION Akku die 25 km/h erbringen können.

 

Motor ohne Freilauf

Nun wird es doch etwas komplizierter. Beachtet man z.B den Drehzahlbereich eines eBike-Motor ohne Freilauf fällt auf dass dieser den kompletten Geschwindigkeitsbereich des eBike abdecken muss.

Fahren Sie z.B. einmal mit 60 km/h einen steileren Berg hinunter dreht der Motor nicht nur die vorherigen 210 RPM sondern entsprechend 500 RPM. Er würde entsprechend auch eine deutlich höhere BEMF-Spannung erzeugen. In unserem Beispiel wären das schon mal um die 67 Volt.

Hier beginnen bereits die ersten Probleme mit einigen eBike Controllern. Sind diese nur auf Spannungen von 60V ausgelegt führt das meistens zum Defekt der Mosfets im Controller.

Doch dies ist nur das erste Problem. Vielleicht kann ja der Controller höhere Spannungen aushalten und verarbeiten.

Eine 3-phasen Brückenendstufe ist in jedem brushless Motor-Controller enthalten und schaut man sich diese Schaltung im Detail an fällt auf dass die 6 Mosfets (12 oder 18) eine interne paralelle Diode zwischen Sorce und Drain besitzen. Diese Dioden wirken wie ein 3-phasiger Brückengleichrichter und erzeugen eine Gleichspannung im Zwischenkreis sobald die Motorspannung größer als die Akkuspannung wird.

Sobald sie also zu schnell fahren, laden Sie ihren Akku wieder auf. Prinzipiell wäre das ja nicht mal schlecht, allerdings passiert das vollkommen unkontrolliert und meist mit einem viel zu hohem Strom.

Vielleicht hat man ja Glück und der Akku hat ein gutes BMS mit Trennfunktion. Falls nicht brennt ja vielleicht nach einiger Zeit die Schmelzsicherung durch.

So eine Überladung mit zig Ampere ist auf jeden Fall für den Akku schädlich und dieser Dankt einem solche unkontrollierten Ladeströme mit einer veringerten Lebenserwartung oder auch gleich mit einem Defekt.

Vielleicht haben Sie sich ja auch schon einmal gewundert warum Ihnen ab und zu die eBike Controller durchbrennen oder die Akkus nicht Ihre angegebenen Ladezyklen erreichen.

Was kann man da tun ?

Natürlich gibt es eine Lösung auch im Bereich der Motoren ohne Freilauf.

Die Windungszahl des Motors muss so abgestimmt sein dass die Rückspannung des Motors jederzeit unter der kleinsten zu erwarteten Batteriespannung liegt.

Berechnet sich also aus der höchsten zu erwarteten Geschwindigkeit (bzw. Drehzahl) und der kleinsten Batteriespannung.

In unserem Fall also zum Beispiel 60 km/h (500 RPM) zu 30 Volt. Der Motor sollte also eine Drehzahlkonstante von 17 RPM pro Volt besitzen. Hiermit würde er mit 60 km/h knapp 30 Volt erzeugen. Eine Spannung die weder dem Regler noch dem Akku gefählich werden kann.

Besitzt der Akku bereits eine automatische Abschaltung bei Überspannung kann die Spannung bei höchster Drehzahl auch auf die maximale Zwischenkreisspannung des eBike Controllers angepasst werden. Hier sollte allerdings eine Reserve von ca. 20% eingeplant werden. Die Mosfets reagieren auch auf kurze Spannungsspitzen relativ empfindlich.

Bei Mosfet Typen mit 60V also zum Beispiel: 500 RPM / (60V*0.8) = 10,4 RPM pro Volt

Was bedeutet nun diese erforderliche Motoränderung für den eBike Controller

Ein Motor mit höheren Drehzahlen pro Volt resultiert aus einer proportionalen Änderung der Windungszahl oder alternativ auch aus der Verschaltungsart.

Unser Beispielmotor mit Freilauf hat 7,5 RPM pro Volt und der Motor ohne Freilauf 17 RPM pro Volt was einer Windungszahl Reduktion mit Faktor 2.26 gleichkommt. Da das „Drehmoment pro Ampere“ sich direkt gegenproportional verhält sinkt dieser Wert genauso um Faktor 2.26.

Der Phasenstrom in unserem Beispiel muss also um den Faktor 2.26 erhöht werden um das selbe Drehmoment zu erreichen.

Beispiel für 10 Nm Drehmoment:

Motor mit Freilauf – 10 A Phasenstrom
Motor ohne Freilauf – 22.6 A Phasenstrom

Hieraus wird auch ersichtlich warum an Controller für eBike-Motoren die ohne Freilauf arbeiten höhere Anforderungen gestellt werden müssen.

  • Höhere Spannungsfestigkeit ist erforderlich
  • Höhere Strombelastungen in den Phasen
  • Höhere Kabelquerschnitte in den Motor-Zuleitungen

Dies verteuert natürlich den eBike Controller da neben Bauteilen mit höherer Spannungsfestigkeit auch aufgrund der höheren Strombelastung meist mehrere Transisitoren parallel geschaltet oder wie in unserem SC100 Controller neue sehr hochwertige niederohmige Mosfets verwendet werden.

 

Vorteil – Antrieb ohne Freilauf

Bis jetzt hat der eBike Antrieb ohne Freilauf nicht so toll abgeschnitten und wenn es nicht ein paar Vorteile gäbe würden wirklich alle direkt angetrieben Nabenmotoren schlecht aussehen.

Trotz allen bisherigen Nachteilen bin ich selbst ein Verfechter von direkt angetriebenen Motoren.
Vor einigen Jahren haben wir bereits im Zuge einer Entwicklungsprojektes ein E-Bike gebaut das bereits mit 4-Quadranten-Regler eine vollständige Rückspeisung erlaubte. Dies war noch eine Zeit bei dem jeder große eBike und Motoren Hersteller auf der Messe noch behauptete eine Rückspeisung bringt nur 2-3%. Eigenartig daß wir mit unserem System je nach Strecke über 20% an Rückladeleistung erreichen konnten. Allerdings muss man dazu sagen dass die Rekupperation über einen stufenlosen und umfunktionierten Gasgriff erfolgte und man intuitiv mit dem Griff bremste. Die normalen Scheibenbremsen wurden nur noch im Notfall verwendet.

Hiermit wären wir auch schon beim Thema Rekupperation.

Ein großer Vorteil den nur die Antriebe ohne Freilauf bieten können. Über die Höhe des Rekuperationsanteil möchte ich im Moment gar nicht viel schreiben. Dies ist sehr abhängig von einer intuitiven Bedinung und Umsetzung. Solange man bei den heutigen Herstellern am Display durch 4-5 Stufen tappen muss um rekupperieren zu können und das selbe nochmal um wieder die Fahrstufe zu erreichen wird man wirklich im einstelligen Prozentbereich liegen.

Ein weiterer Vorteil eines Antriebs ohne Freilauf stellt auf jeden Fall auch die Möglichkeit jederzeit den Gang zu wechseln während das volle Motordrehmoment noch anliegt sowie der stufenlose Durchzug im kompletten Geschwindigkeitsbereich.

Wenn sie bereits Antriebe ohne Freilauf getestet haben ist Ihnen sicher auch schon aufgefallen daß einige auch eine Energie- Rückspeisung anbieten. Bei einem Test mit höherer Geschwindigkeit schaltet sich meist die Rekuperation aber wieder ab.

DIes hat eben genau damit zu tun daß die Motorspannung bei zu hoher Geschwindigkeit zu groß wird und eine Strom-Regelung des eBike Controllers nicht mehr möglich ist. Vor ein unkontrollierter Strom in den Akku zustande kommt wird meistens die Zwischenkreisspannung vom Akku getrennt und somit der Akku geschützt. Leiser ist dann auch keine Rekupperation mehr möglich.

Ob ihr Controller eine Abschaltung der Zwischenkreisspannung ermöglicht kann man meistens sehr einfach an der Anzahl der Transistoren ermitteln.

Haben sie 6 ,12 oder 18 Mosfets auf Ihrem Board ist keine Unterbrechnung der Zwischenkreisspannung möglich.
Bei 8, 16 oder 24 Mosfets meistens schon. Dies ist aber im Einzelfall zu klären.

Die maximale Zwischenkreisspannung lässt sich aus den Mosfet Typen und Elkos ermitteln. Diese sollten mindestens bei 80V vorzugsweise bei 100V liegen.

Kritisch ist das ganze aber nur bei Motoren ohne Freilauf in Verbindung mit höheren Geschwindigkeiten.

 

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